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Ein Jahr Krieg in der Ukraine - ältere Menschen als Licht in der Dunkelheit

Genau heute vor einem Jahr griffen russische Truppen die Ukraine an. Ein Team junger ukrainischer Filmemacher hat nun dokumentiert, welche Rolle ältere Menschen in diesen Zeiten übernehmen.

Ein Jahr Krieg in der Ukraine

Heute vor einem Jahr griffen russische Truppen die Ukraine an. Es folgte ein verheerender Krieg mitten in Europa - und auch 365 Tage später scheint noch kein Ende in Sicht. Weil vor Ort überdurchschnittlich viele Menschen, die über 60 Jahre alt sind, Hilfe benötigen, wird der Krieg in der Ukraine auch als älteste humanitäre Krise der Welt bezeichnet.

Ältere Menschen stehen besonderen Herausforderungen gegenüber

"Wenn wir zum Beispiel an Situatonen denken, in denen Lebensmittel in abgeschnittenen Gebieten via Flugzeug abgeworfen werfen, können Ältere oft gar nicht an diese Hilfspakete herankommen, weil sie es körperlich nicht mehr schaffen oder vielleicht auch andere Erkrankungen haben, wie Alzheimer oder Demenz, durch die sie gar nicht mehr erfassen können, in welcher Lage sie sich zurzeit befinden", so Sonja Birnbaum, die Geschäftsführerin von HelpAge Deutschland. Viele Hilfsorganisationen vor Ort fokussieren sich auf allgemeine Hilfsleistungen und haben keine speziellen Unterstützungsmaßnahmen für ältere Menschen. In der Konsequenz dessen bekommen ältere Menschen nicht die Hilfe, die sie eigentlich benötigen. Hier setzt die Arbeit von HelpAge an.

Seit Ausbruch des Krieges im Februar 2022 konnte HelpAge etwa 80.000 Menschen in der Ukraine mit Lebensmittelpaketen, mobilem Pflegedienst, sicheren Aufenthaltsorten (sogenannte Community Safe Spaces), Bargeldzahlungen und weiteren Maßnahmen unterstützten. Auch in den Nachbarländern der Republik Moldau und Polen ist HelpAge aktiv, unterstützt Geflüchtete ebenso wie die älteren Menschen in den aufnehmenden Gemeinden. So werden etwa warme Mahlzeiten, Lebensmittel- und Hygieneartikel und Gehhilfen verteilt. Zudem werden die älteren Menschen psychosozial betreuut - denn für viele von ihnen ist es der dritte Krieg, den sie erleben müssen.

Ein Licht in der Dunkelheit

Zum Jahrestag des Krieges in der Ukraine hat sich ein Team junger, ukrainischer Filmemacher zusammengeschlossen, um über die älteren Menschen in ihrem Land zu berichten. Der Film ist ein Mix aus Dokumentarfilm und Drama, der die Gefühle älterer Menschen ans Tageslicht bringt und zeigt, welche besondere Rolle die Älteren für ihre Familien und Gemeinden spielen.

Ein Licht in der Dunkelheit - ältere Menschen im Kontext des Ukraine-Krieges (das Video wird über die Plattform YouTube eingebunden).

Die älteste humanitäre Krise der Welt

Jeder vierte Mensch in der Ukraine ist älter als 60 Jahre. In keinem anderen Land der Welt sind so viele ältere Menschen von einem bewaffneten Konflikt betroffen wie in der Ukraine. Im Osten des Landes ist seit des Krim-Krieges in 2014 sogar jeder dritte Mensch, der Hilfe benötigt, über 60 Jahre alt.

Ältere Menschen sind nicht nur überdurchschnittlich häufig von Katastrophen betroffen, sondern sind auch besonders stark auf spezielle Hilfe in derartigen Situationen angewiesen. Bleiben sie in ihren Häusern, sind sie einem größeren Risiko ausgesetzt, bei militärischen Angriffen verletzt oder getötet zu werden. Verlassen sie ihre Heimat und suchen Schutz in anderen Regionen oder Ländern, ist es für ältere Menschen besonders schwierig, eine Unterkunft zu finden, benötigte Medikamente zu bekommen oder Hilfs- und Hygieneartikel zu erhalten.

Valentina, 81 Jahre, aus Severodonetsk in der Ukraine

Als der Krieg ausbrach, lag ich mit einer Lungenerkrankung im Krankenhaus. Meine Verwandten kamen und holten mich Ende Februar nach Hause. Ich habe bei Sasha gelebt und wir versteckten uns im Flur oder im Keller. Ich hatte keine Möglichkeit, mich zu erholen, bis wir hier nach Dnipro kamen.

Foto: Emre Caylak / HelpAge International

Am 31. März 2022 wurde Valentina gemeinsam mit ihrem Schwager Sasha, dem Mann ihrer verstorbenen Schwester, evakuiert. Gemeinsam fanden sie Zuflucht in Dnipro, einer Stadt etwas weiter westlich.

Zuhause in Severodonetsk haben wir jeder alleine gelebt. Ich habe mein Haus durch meine Arbeit bekommen. Jetzt weiß ich nicht, was mit dem Haus passiert ist. Bevor ich evakuiert wurde, schlug in der Nähe eine Bombe ein und die Fensterscheiben brachen. Es ist keiner mehr da, den ich anrufen und fragen kann, ob das Haus noch steht. Was mich am meisten traurig macht ist, dass ich die Bilder zurücklassen musste, die mein Sohn als Kind gemalt hat.

Valentina ist eine der vielen älteren Menschen, die bereits den 2. Weltkrieg und den ukrainischen Bürgerkrieg in 2014 erleben musste.

Es ist der dritte Krieg, den ich überlebte. Der in 2014 war kurz. Aber keiner weiß, wohin uns der Krieg jetzt noch führen wird.

In Dnipro fanden Valentina und Sasha Zuflucht in einem kleinen Haus. Dort gibt es zwar eine elektrische Heizung, doch der Strom ist zu teuer, um die Heizung benutzen zu können. Wenn der Schnee auf dem Dach schmilzt, tropft das Wasser durch die Decke. HelpAge verteilt Lebensmittel- und Hilfspakete an Betroffene wie Valentina.

"I've lost the life I knew" - die Erlebnisse älterer Menschen im Ukraine-Krieg

"Auch ein Jahr nach Beginn des Krieges in der Ukraine kämpfen ältere Menschen darum, genügend Lebensmittel, Medikamente und Informationen zu bekommen", erklärt Dimitrije Todorovic, Länderdirektor von HelpAge International in der Ukraine. HelpAge ist bereits seit 2014 in der Ukraine aktiv. In einer aktuellen Studie von HelpAge International wurde untersucht, wie sich der Krieg konkret auf das Leben älterer Menschen auswirkt. So haben beispielsweise 61 Prozent der Frauen über 60 Jahre nicht genügend Geld, um ihren grundlegenden Alltagsbedarf zu decken; viele ältere Menschen müssen sich häufiger Geld leihen, um etwa Lebensmittel zu kaufen, als Menschen unter 60 Jahre.

Danke an alle Unterstützer*innen

Seit Ausbruch des Krieges hat HelpAge insgesamt mehr als 100.000 Menschen in der Ukraine, der Republik Moldau sowie in Polen unterstützen können. Wir danken von Herzen allen Unterstützer*innen, Partnern und Mitarbeitenden für ihr großartiges Engagement, das diese Hilfe möglich macht. Auch in Zukunft wird HelpAge weiter vor Ort sein und älteren Menschen die Hilfe bereitstellen, die sie tatsächlich benötigen.

Titelfoto: Stefan Trappe / HelpAge International

Ihre Ansprechperson

Sonja Birnbaum

Geschäftsführerin