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Flucht, Migration und Integration

Damit ältere Menschen nicht auf der Strecke bleiben

Ältere Menschen auf der Flucht

Über 100 Millionen Menschen befinden sich weltweit auf der Flucht. Wie viele davon geflüchtete ältere Menschen über 60 Jahre alt sind, ist unklar. Im Gegensatz zu Frauen und Kindern wird ihre Anzahl nicht systematisch erfasst. Das zeigt: Ältere Menschen bekommen auch in der Flüchtlingshilfe zu wenig Beachtung. Dabei sind Flucht und Integration für Ältere besonders schwierig: Ältere Menschen sind häufig körperlich eingeschränkt, weshalb sie physische Unterstützung bei der Flucht benötigen. Langes Anstehen an Registrierungsstellen fällt älteren Menschen schwerer, für viele von ihnen ist es sogar unmöglich. Folglich bleiben zahlreiche Ältere von Hilfsangeboten ausgeschlossen, wie etwa bei der Ausgabe von Lebensmitteln und Hilfsgütern oder in der medizinischen Versorgung. Viele ältere Menschen leiden zudem unter chronischen Krankheiten, die in einer Fluchtsituation nicht behandelt werden können.

1 von 4 Menschen

in der Ukraine, die von dem aktuell herrschenden Krieg betroffen sind, ist über 60 Jahre alt. Dadurch wird der Konflikt in der Ukraine zur ältesten Humanitären Krise der Welt.

72 Prozent

aller Geflüchteten weltweit leben in den direkten Nachbarländern ihrer Heimat.

Mehr als 3,8 Millionen Menschen

hat die Türkei als größter Aufnahmestaat aufgenommen. Danach folgen Kolumbien und Uganda. Deutschland liegt auf Platz 5 der größten Aufnahmestaaten.

Im Alter zurückgeblieben

Ältere Menschen sind von Flucht und Migration auf verschiedene Weise betroffen: Zu Beginn einer Krise werden ältere Menschen oft zurückgelassen, wenn der Rest ihrer Gemeinde und Familie vertrieben oder evakuiert wird. Die Gründe dafür sind vielfältig: Sie umfassen unter anderem die körperlichen Einschränkungen älterer Menschen, die Heimatverbundenheit, das Verantwortungsgefühl und der Optimismus, dass aufgrund von eventuell bereits überstandenen Krisen auch die aktuelle überwunden wird.

Wenn sie sich dennoch entscheiden aus ihrer Heimat zu flüchten, sind ältere Menschen besonders verwundbar und oftmals Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt. Regierungen und die internationale Gemeinschaft vernachlässigen die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen Älterer auf der Flucht leider nach wie vor, sodass diese Schwierigkeiten haben, Gehör für ihre Probleme zu finden und somit Hilfe zu erhalten.

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Aysha Momotaj, 55 Jahre, wird von ihren Söhnen auf der Suche nach Schutz in Bangladesch getragen. Copyright: Age International 2017

Wie HelpAge ältere Geflüchtete unterstützt

In insgesamt elf Hilfsprojekten unterstützt HelpAge ältere Geflüchtete, zum Beispiel in Äthiopien, in Tansania oder ganz aktuell aufgrund des Ukrainekrieges im Nachbarland Moldawien. So bauen wir eine spezielle Gesundheitsversorgung für ältere Menschen in Flüchtlingscamps auf oder stellen barrierefreie Sanitäranlagen zur Verfügung. Auch die psychosoziale Betreuung spielt für uns eine besonders wichtige Rolle in der Flucht- und Migrationsarbeit.

Neben der Durchführung direkter Nothilfemaßnahmen setzt sich HelpAge auf internationaler Ebene dafür ein, dass die Bedürfnisse älterer Menschen in Zeiten der Migration und Vertreibung sichtbar gemacht, anerkannt und erfüllt werden. So unterstützen wir nicht nur in erster Linie die Geflüchteten selbst, sondern tragen mit unserer Arbeit auch dazu bei, die Lebenssituation älterer Geflüchteter strukturell zu verbessern.

Ältere Menschen und die Diaspora

Ältere Geflüchtete spielen in der Diaspora, also der ethischen und kulturellen Gemeinschaft im Fluchtland, eine wichtige Rolle. So pflegen Ältere die Beziehung zu den Herkunftsländern und erhalten traditionelle Lebensweisen und Kulturen in den Transit- und Zielländern aufrecht. Sie geben diese an jüngere Generationen weiter. Damit bilden ältere Menschen in Fluchtkontexten eine Art Unterstützungsnetzwerk, insbesondere für jüngere und neu hinzukommende Migrant*innen.

Das Leben nach der Flucht

Aisheh Khalil Al-Khalil ist 67 Jahre alt und stammt aus Syrien. In ihrer Heimat führte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihren Kindern einen Supermarkt. Dort verbrachte sie die meiste Zeit ihres Tages - doch als der Krieg ausbrach, änderte sich alles.

"Während der Belagerung unserer Stadt gab es nur wenige Lebensmittel und die Preise stiegen drastsisch. Das verursacht eine Menge Stress, auch psychisch. Als wir nach Jordanien flohen, wurde ich an der Grenze von meinen Söhnen getrennt. Von manchen habe ich bis heute nichts gehört.

Es war nicht einfach für mich, so viele Veränderungen auf einmal zu verarbeiten: Ich musste meine Heimat verlassen, wurde von meinen Kindern getrennt. Wir haben kein Geld, noch ein Zuhause, keine Einkommensquelle und keine Familie oder Freunde um uns herum. Ich hatte viel Freizeit. Ich langeweilte mich, war allein und dachte darüber nach, wie ich Geld verdienen kann, um weiterzumachen. Jeder Tag endete damit, dass ich weinte und die Zukunft in Gottes Hände legte.

Dann bekam ich eines Tages Besuch von HelpAge. Sie erzählten mir von ihrer Arbeit und den Programmen, die sie für Geflüchtete anbeiten. Sie nahmen meine Daten auf und ich es kam ein Gesundheitsteam bei mir vorbei. Sie untersuchten mich und ich begann eine Psychotherapie. Dank sei Gott, ich fühle mich jeden Tag besser. Ich habe auch angefangen, an einer Gruppensitzung für ältere Menschen teilzunehmen. Das war für mich eine ganz neue Erfahrung auf allen Ebenen. Ich warte sehnsüchtig auf die nächste Sitzung, dass ich morgens aufstehen und mich anziehen kann, dorthin zu gehen. Vorher schlief ich bis in den Nachmittag und verbrachte den Rest des Tages mit grübeln und weinen."

Häufige Fragen: Flucht, Migration und Integration

Warum müssen Menschen fliehen?

Die Flucht aus der eigenen Heimat wird von niemandem grundlos angetreten, jedoch sind Fluchtursachen vielfältig. Viele Menschen treten eine gefährliche und beschwerliche Flucht in ein anderes Land oder eine andere Region innerhalb des eigenen Landes an, da sie in ihrer Heimat keine Perspektive auf ein Leben in Sicherheit für sich und die ihnen nahestehenden Personen mehr sehen. Die Gründe hierfür sind Gewalterfahrungen in Form von Kriegen oder Verfolgung aufgrund politischer, religiöser oder sexueller Merkmale, Naturkatastrophen, wie langanhaltende Dürren, und der daraus resultierende Hunger sowie Armut und Perspektivlosigkeit.

Wie viele ältere Menschen sind weltweit auf der Flucht?

Da viele internationale Statistiken nur Menschen bis 49 Jahre berücksichtigen, ist nicht genau festgehalten, wie viele Geflüchtete über 60 Jahre alt sind. Lediglich in regionalen Kontexten kann diese Zahl erhoben bzw. hochgerechnet werden. So können beispielsweise ältere Geflüchtete in einzelnen Flüchtlingslagern gezählt werden.

Wohin fliehen Menschen?

Laut UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, bleiben viele Geflüchtete als sogenannte Binnengeflüchtete (engl. Internally Displaces People, kurz IDPs) im Land ihrer Herkunft, um dort in einer ruhigeren Region Zuflucht zu finden. Von denen, die ihr Heimatland verlassen, flieht der Großteil in Nachbarstaaten. Diese Länder sind oftmals mit der Aufnahme und der Versorgung von einer solch großen Anzahl Menschen überfordert und brauchen wiederum Hilfe, um die Situation zu kontrollieren. Nur ein kleiner Anteil aller sich weltweit auf der Flucht befindlichen Menschen versuchen Zuflucht in weiter entfernten Ländern zu finden.

Wie unterstützt HelpAge ältere Menschen auf der Flucht?

HelpAge unterstützt weltweit Projekte, um das Wohlbefinden Geflüchteter zu stärken und ihnen eine Stimme zu geben. Wir implementieren beispielsweise spezielle Versorgungssysteme für ältere Menschen in Flüchtlingscamps, sodass sie die medizinische Versorgung erhalten, die sie benötigen. Auch der barrierefreie Zugang zu Sanitäranlagen ist ein Schwerpunkt unserer Flüchtlingshilfe. Da Fluchterfahrungen hochgradig belastend und traumatisierend sind, bieten wir psychosoziale Betreuung für Geflüchtete an.

Neben der Durchführung direkter Nothilfemaßnahmen setzt sich HelpAge auf internationaler Ebene dafür ein, dass die Bedürfnisse älterer Menschen in Zeiten der Migration und Vertreibung sichtbar gemacht, anerkannt und bedient werden. So unterstützen wir nicht nur in erster Linie die Geflüchteten selbst, sondern tragen mit unserer Arbeit auch dazu bei, die Lebenssituation älterer Geflüchteter strukturell zu verbessern.