Der Krieg in der Ukraine trifft ältere Menschen besonders schwer, humanitäre Hilfe erreicht sie jedoch zu selten. HelpAge International hat eine neue Studie zur Situation Älterer in der Ukraine veröffentlicht.

Neue HelpAge-Studie zur Lage älterer Ukrainer*innen erschienen
22.07.2025
Die älteste humanitäre Krise der Welt
In der Ukraine leben etwa neun Millionen ältere Menschen – insgesamt machen über 60-Jährige ein Viertel der ukrainischen Gesamtbevölkerung aus. Gleichzeitig ist diese Gruppe besonders schwer von den Folgen des Kriegs betroffen: Im vergangenen Jahr fielen 50% aller zivilen Todesopfer und ein Drittel aller Verletzten in diese Altersgruppe. Humanitäre Hilfe erreicht sie jedoch oftmals nicht in ausreichendem Maße: Nur ein Drittel dieser Menschen erhielt im vergangenen Jahr Nothilfe von humanitären Organisationen.

"Every year it gets harder to hold on”
Zusammen mit HelpAge Deutschland und dem Bündnis der Hilfsorganisationen Aktion Deutschland Hilft hat HelpAge International ältere Ukrainer*innen über einen Zeitraum von drei Jahren begleitet und untersucht, wie sich der Krieg in ihrem Land auf sie auswirkt. Als Weiterführung einer Studie, die ein Jahr nach Kriegsbeginn durchgeführt wurde, entstand so der Bericht „Every year it gets harder to hold on“, der die schreckliche Situation älterer Ukrainer*innen schonungslos beleuchtet: Millionen älterer Ukrainer*innen leben in Armut, Einsamkeit und Angst. Viele von ihnen fühlen sich nicht gesehen und vergessen: „Es fühlt sich an, als würde man uns nicht mehr hören oder verstehen. Als wären wir plötzlich unsichtbar," klagt die 97-jährige Valentyna aus der Luhansk-Region.
Foto: © Mariia Kytynska/ HelpAge International
Erschütternde Ergebnisse
Die Ergebnisse der Studie zeichnen ein erschreckendes Bild von der Situation Älterer in der Ukraine: So geben etwa 32% der Befragten an, keine sichere Unterkunft und somit Schutz vor den Folgen des Kriegs zu haben. Diejenigen, die eine Unterkunft haben, beschreiben diese vielfach als reparaturbedürftig.
Immer mehr ältere Ukrainer*innen können ihre Grundbedürfnisse nach Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln oder Medizin nicht mehr decken: 93% der Befragten haben nicht genug Geld für die täglichen Mahlzeiten zur Verfügung, 91% verzichten aus finanziellen Gründen auf Hygieneartikel und 88% können sich wichtige Medikament nicht mehr leisten. Auch psychische Probleme nehmen bei vielen älteren Ukrainer*innen aufgrund der traumatischen Kriegserfahrungen zu, während Hilfsangebote weniger werden.

Ältere Frauen besonders betroffen
Ältere Frauen sind in besonderem Ausmaß von den Auswirkungen des Kriegs betroffen: Bereits vor dem Krieg waren die Renten von ukrainischen Frauen im Durchschnitt etwa 30% kleiner als die der Männer. Der Konflikt hat die Preise für Lebensmittel, Mieten und Heizmittel dramatisch ansteigen lassen. Aktuell geben 68% der befragten Frauen an, dass ihre Rente nicht ausreicht, um ihre Grundbedürfnisse zu decken. Viele von ihnen müssen Mahlzeiten ausfallen lassen, Medizin mit ihrem sozialen Umfeld teilen oder in unbeheizten Unterkünften leben.
Doch die Probleme dieser Frauen sind nicht nur physischer Natur: „Manchmal wache ich nachts auf und kann einfach nicht wieder einschlafen. Angst, Verzweiflung und das Gefühl von Hilflosigkeit überkommen mich. Ich weine viel, ohne genau zu wissen warum,“ erzählt uns die 65-jährige Nataliia stellvertretend für viele andere Frauen. Ältere Ukrainerinnen spüren eine tiefempfundene Einsamkeit und die Angst, allein und von ihrer Umwelt vergessen zu sterben.
Foto: © Mariia Kytynska/ HelpAge International

“Ältere Menschen sind stark und erfahren – gebt nicht auf!“
Trotz dieser existenziellen Probleme zeigen die älteren Menschen in der Ukraine unglaubliche Stärke und Widerstandskraft und sind damit ein Zeichen der Hoffnung für ihre Gemeinden: Sie engagieren sich ehrenamtlich, beispielsweise als Lehrer*innen, kümmern sich um ihre Enkelkinder oder gründen ihre eigenen Geschäfte.
Die älteren Menschen in der Ukraine dürfen nicht zurückgelassen oder vergessen werden. Mit Ihrer Unterstützung wird HelpAge auch weiterhin Hilfsgegenstände und psychosoziale Unterstützung direkt zu den betroffenen Menschen nach Hause bringen, ihnen Schutz und eine Gemeinschaft in den von uns betriebenen Schutzräumen bieten und ihre Geschichten erzählen, um sie in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stellen.
Foto: © Mariia Kytynska/ HelpAge International
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